ASR Emitter I Basic: Vollverstärker & Endstufe - Test fairaudio

2022-11-03 15:57:34 By : Ms. mary hou

Wenn sich ein Testgerät mit über 50 Kilogramm Nettogewicht beim im vierten Obergeschoss wohnenden und aufzugslosen Autor ankündigt, ist die „Verbringung“ der Sendung ab Schwelle Haustür in vielen Fällen ein Fall für den Mann mit der treppengängigen elektrischen Sackkarre. Der ASR Emitter I (ab 6.800 Euro | https://asraudio.de) macht es einem leichter: Die Masse des Vollverstärker- (sic!) Klassikers verteilt sich nämlich auf zwei Kisten – jeweils in etwa von der Größe eines Überseekoffers.

Jene, die dem Hifi-Fieber schon etwas länger erlegen sind, wissen auch, warum das so ist: Der seit 1982 gebaute und vielfach überarbeitete Emitter besteht seit 1984 immer aus mindestens zwei Komponenten, nämlich dem eigentlichen Verstärker und einem (beim Emitter I) oder zwei (beim Emitter II) Netzteilen sowie einem optionalen Akku-Netzteil. Wer das Einstiegsmodell ASR Emitter I mit zusätzlichem Akku möchte, sollte sich schon beim Einstieg entweder für das für den Akkubetrieb vorbereitete Modell Emitter I Exclusive (54 Kilo für 9.300 Euro) entscheiden oder direkt die im Paket etwas günstigere volle Packung bestellen (80 Kilogramm für 11.800 Euro). Zusätzlich hat der Kunde mannigfaltige Möglichkeiten zur Individualisierung: Von blauen LEDs über Extra-Ein- und Ausgänge, zusätzlichen XLR-Buchsen, über ein transparentes Acrylgehäuse oder verchromte Füße, noch höherwertige Lautsprecher- und/oder Cinchbuchsen bis hin zu vergoldeten Sicherungen und Elko-Platinen mit erhöhter Kapazität gibt’s fast nichts, was es nicht gibt.

Der ASR Emitter I kommt mit externem Netzteil und ist das Einstiegsmodell von ASR (das insgesamt 150 Kilogramm wiegende Topmodell Emitter II wartet sogar mit drei Netzteilen auf)

Unser Testgerät ist ein ASR Emitter I Basic, der zusätzlich zu den vorhandenen fünf Cinch-Eingangspaaren mit einem Pärchen WBT-210cu-Buchsen statt der vergoldeten Standard-Messingbuchsen auf einem Eingang (100 Euro), einem zusätzlichen XLR-Stereo-Eingang (300 Euro, es fällt ein unsymmetrisches Eingangspärchen weg) sowie dem Design-Extra „Blue Display“ (300 Euro) aufwartet. Letzteres beinhaltet – wie der Name nahelegt – ein blaues Display sowie blaue LEDs auf der Front. Da die beiden letzteren Ausstattungen keine klanglich relevanten Modifikationen sind, dürfen wir als Referenzpreis in Vergleichen getrost den ASR-Emitter-I-Basic-Preis plus WBT-Buchsen, also 6.900 Euro heranziehen. Der ist, so finde ich, angesichts der schieren Menge an Technik, die in Form dieses Verstärkers da auf meinem Rack steht, als überraschend günstig einzustufen.

Das externe Netzteil des ASR Emitter I

Schauen wir erst mal auf das externe Netzteil, das mit guten 32 Kilogramm den Löwenanteil an den Speditionskosten ausmacht. Es kommt in einem penibel verarbeiteten Gehäuse aus dickwandigem Stahlblech und einer schönen ASR-Logo-Gravur auf dem Deckel. Die Front besteht aus dunklem Acrylglas, durch das man im unteren Bereich mittig platziert eine ganze Reihe von Leuchtdioden unterschiedlicher Farben bestaunen kann. Sie zeigen kanalgetrennt die Betriebsspannungen für die Ausgangsstufe, die Treiberstufe, die Eingangsstufe und den Controller an. Diese nach Adam Riese acht Wechselspannungen werden von drei Trafos im Netzteil erzeugt und mit insgesamt 32 (beziehungsweise 56 beim Emitter I Exclusive) Schottky-Dioden für plus und minus getrennt gleichgerichtet.

Das Emitter-Netzteil besitzt eine aktive Netzfilterung mit einem separaten Gleichstromfilter für jede Wicklung, weshalb man vom Einsatz eines weiteren vorgelagerten Stromfilters oder sogenannter Netzregeneratoren tunlichst absehen sollte. Die beim ASR Emitter I verwendeten Philbert-Mantelschnitt-Netztransformatoren sehen zwar aus wie herkömmliche EI-Blocktrafos, haben aber einen deutlich verbesserten Kernschnitt: Sie seien aufgrund des laut ASR sehr teuren Kernmaterials, das sonst nur für Ringkerntrafos mit deutlich kleinerem Kern eingesetzt werde, und des größeren Kerns an sich sehr effizient, böten eine deutlich bessere Impulsstabilität bei hohen Leistungsforderungen als übliche Ringkerntrafos und besäßen ein geringes Streufeld.

Philbert-Mantelschnitt-Trafo im externen Netzteil des ASR Emitter I

Die Siebkapazität eines Verstärkers ist ASR offensichtlich sehr wichtig, und so kommen schon im Basismodell Hochspannungs-Kondensatoren mit einer Kapazität von 404.440 µF zum Einsatz. In der Exclusive-Variante sind es 604.440 µF, mit Akkunetzteil durchbricht die Gesamtsiebung die Millionen-Schwelle (1.032.440 µF). Diese große Siebung und der Einsatz neuer Bauteile an dieser Stelle seit 2016 soll insbesondere der Dynamik noch weiter auf die Sprünge helfen und zudem die Feinstauflösung verbessern. ASR-Chef Friedrich Schäfer sagt dazu:

„Die reine Leistung des ASR Emitter könnte man auch mit einem Bruchteil der tatsächlich eingesetzten Elkos erreichen. Mit den von uns verwendeten sehr großen Siebungen im Zusammenhang mit getrennten Versorgungen der einzeln Verstärkerstufen erreichen wir eine hohe räumliche Stabilität des Klangbildes auch bei extremen Anforderungen und eine tonal neutrale Wiedergabe bis hin zu tiefsten Frequenzen. Nehmen wir zum Beispiel eine sehr leise Stimme mit ganz viel Bassenergie drum herum: Bei vielen Amps ‚bricht‘ dann die räumliche Abbildung zusammen, wird unscharf, die Positionen der Instrumente ‚wandern‘ im Raum und die Stimme springt umher. Beim Emitter bleibt das stabil. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Siebung im Zusammenhang mit der meist induktiven Last der Lautsprecher sehr oft einen Schwingkreis darstellt. Bei den üblichen kleinen Siebungen ergibt das eine Überbetonung bei etwa 80 bis 120 Hz. Mit größeren Siebungen wird der gesamte Bassbereich tiefer abgestimmt, der Verstärker liefert mehr Präzision und Druck bis deutlich unter 30 Hz.“

Eine Industrie-Steckverbindung von Harting stellt den Kontakt zwischen Netzteil und Verstärker sicher

Angesichts dieser Ströme nicht überraschend, dennoch ziemlich beeindruckend und in der (Home) Hifi-Welt wahrscheinlich einzigartig dürfte die massive Industrie-Steckverbindung von Harting sein, mit der das eigentliche Verstärkerteil an das Netzteil angeschlossen wird: Der Kupplungsstecker alleine wiegt sicher mindestens ein halbes Kilo und ist gute 15 Zentimeter breit. Es wird auf der Rückseite des Netzteils mit einem bombensicheren Riegelsystem fixiert. Das Stromkabel zwischen den beiden Gehäusen ist ein ziemlich fetter, doppelt geschirmter Typ mit zwei Metern fünfzig Länge. So lässt sich das Versorgungsteil auch entfernt aufstellen, zum Beispiel hinter den Klappblenden im Erdgeschoss meines Roterring Belmaro 33. Das Netzteil selbst bezieht seinen Strom aus der Steckdose über ein beigelegtes ASR Magic Cord in 150 Zentimeter Länge (auf Kundenwunsch sind auch andere Längen erhältlich), das mit einem 21-Ampere-Stecker abgeschlossen ist. Das Kabel ist natürlich phasenmarkiert. Eine besonders verlustarme Neozed-Hochlastsicherung sorgt dafür, dass dem Verstärker keine Überlastungen widerfahren. Gegen Überspannungen ist ein sogenannter Variator eingebaut, welcher bei Überspannungen die Sicherung des kleinen Standby-Trafos auslöst.

Neozed-Sicherungen in Hifi-Komponenten sind alles andere als alltäglich

Der ganze Aufwand dient klarerweise dazu, dem ASR Emitter I die bestmöglichen Arbeitsbedingungen auf der Energieversorgungsseite zu bereiten: Möglichst sauber, schnell und unlimitiert soll er die aus den Netzstrom gewonnenen Gleichströme anhand des eingehenden Musiksignals modulieren können, und nach Aussage von ASR verhindern gerade Trafo-Vibrationen in besonderem Maße, dass ein Verstärker dies fachgerecht vermag – es ist also nur konsequent, diese Bauteile physisch voneinander zu trennen.

Auf der thermischen und mechanischen Seite geht ASR diese Herausforderung mit dem wahrscheinlich (neben McIntosh) charakteristischsten Gehäuse der Branche an. Auf einer quadratischen Grundfläche mit 42 Zentimeter Kantenlänge flankieren zwei massive Kühlkörper mit 17 Zentimetern Höhe (18 Zentimeter mit Standfüßen) den etwas niedriger eingelassenen Korpus aus dunklem oder (gegen Aufpreis) transparentem Acryl, das den Blick auf eine beeindruckende Armada von elektronischen Bauteilen freigibt.

Bei ASR gibt es fast nichts, was es nicht gibt: Auch ein transparentes Acrylgehäuse ist gegen Aufpreis erhältlich (Bild: ASR)

Der visuelle Ansatz des Designs lautet dabei Symmetrie: In der Mitte der Frontplatte thront ein fetter verchromter Drehknopf, der der Lautstärkeregelung dient. Diese ist über einen Relaisstufenschalter in 1-dB-Schritten ausgeführt. Daneben sitzen links ein etwas kleinerer Drehschalter, mit dem man das Gerät aus dem Off-Zustand in den Standby-Betrieb schalten und einschalten kann. Der optional erhältliche zweite Lautsprecherausgang lässt sich mit ihm ebenfalls anwählen. Rechtsseitig befindet sich der Eingangswahl-Drehschalter. Er zeigt eine Skala von 1-5 für die Standard-Cincheingänge und ein D wie „Direct“. Selbiges D ist eine Besonderheit: Liegen die anderen Eingänge wie gewohnt voneinander abgeschottet hinter einem Eingangsrelais, so ist der D-Eingang ohne Umweg über massive Silberdrähte direkt mit der Lautstärkeregelung verbunden. Sollte man also nur eine einzige Quelle anschließen wollen, ist dies die beste Wahl. Da der Direct-Eingang nicht „ausgeschaltet“ werden kann, ist er immer parallel zu etwaigen anderen Quellen aktiv – theoretisch könnte man also zwei Quellen gleichzeitig hören, doch das ist nicht empfehlenswert. ASR weist auch explizit darauf hin, dass bei Belegung von D auf keinen Fall der (optionale) XLR-Eingang angewählt werden darf. Serienmäßig gibt es zudem einen Tape-Output mit Cinchbuchsen, ein Pre- oder Subwoofer Output ist optional erhältlich (200 Euro).

Die oberste Platinenetage des ASR Emitter I

Auf der Technologieseite lässt sich ASR erstaunlich tief in die Karten blicken, es gibt quasi nichts, was man nicht in Erfahrung bringen kann. Dabei sind schon die wichtigsten Eckdaten ziemlich beeindruckend. Satte 250 Watt pro Kanal liefert der ASR Emitter I im Class-A/B-Modus an die angeschlossene 4-Ohm-Last. Die Lautsprecherkabel dürfen an sehr griffigen 60-Ampere-Klemmen andocken. Intern sind die Klemmen übrigens mit massiven Reinsilberdrähten verdrahtet.

Auf der Acrylglas-Front des ASR Emitter I befindet sich direkt unter dem Lautstärkeregler ein großformatiges Display, das die eingestellte Lautstärke und die Betriebszustandsanzeige anzeigt. Hiervon ausgehend erstrecken sich beidseitig kanalweise gespiegelte, richtig schön old-schoolig farbkodierte Anzeigen für die Ausgangswahl, den Kopfhörerbetrieb, eine Kurzschluss-, Überhitzungs-, Überspannungs- und Gleichstromwarnung sowie weitere Optionen.

Apropos Optionen: Ich kenne kein anderes Gerät im High-End-Bereich, das eine so große Zahl von Individualisierungsmöglichkeiten bietet wie ein ASR Emitter. Im Prinzip gibt es hier nichts, was es nicht gibt, egal ob es Design-Extras, zusätzliche Ein- und Ausgänge oder klangrelevante technische Modifikationen sind. Die individuell perfekte Konfiguration eines ASR Emitter bedarf also einiger Zeit und Konzentration sowie eines guten, geduldigen Händlers. Dazu passt auch, dass ich noch nie ein Testgerät mit einer so umfangreichen und detaillierten Dokumentation erhalten habe.

In diesem Testbericht können wir leider nicht wirklich in die Tiefen des Katalogs von ASR einsteigen, das würde den Umfang bei weitem sprengen. Es sei jedoch zumindest erwähnt, dass beide Emitter seit 2016 mit dem größten Update ihrer Geschichte ausgeliefert werden, und die Neuerungen sowie die nun serienmäßig eingebauten Schmankerl sind es wert, im Detail erklärt zu werden. So ist zum Beispiel die mit zwei Mal 110 μm dicken Leiterbahnen bedruckte Hauptplatine des ASR Emitter komplett neu entwickelt und mit 2,5 Millimeter Stärke deutlich stabiler. Eine neue Eingangswahlschaltung mit Doppelkontaktrelais schaltet jetzt auch die Signalmasse. In den Ein- und Ausgangsstufen der Hauptplatine kommen neue Hochvolt-Elkos zum Einsatz und der Eingangswiderstand lässt sich per DIP-Schalter zwischen 22 kOhm und 470 Ohm anpassen. Mit Blick aufs Design wurden Front- und Rückplatte erneuert, und die optionalen XLR-Buchsen sind nun hochwertigere Typen. Die neue Standardausstattung der ASR-Emitter-Basic-Modelle beinhaltet nun Elma-Drehschalter und einen optischen Copal-Dreh-Encoder für den Pegel sowie die aktive Filterung im Netzteil. Die serienmäßig beigelegte, aus einem einzigen Block Corian gefräste Fernbedienung mit Edelstahlknöpfen und Lithium-Ionen-Batterie (Einzelpreis 400 Euro) erlaubt natürlich auch die Bedienung der Grundfunktionen – bis hin zum Pegelausgleich der Eingangskanäle.

Wer sich eingangs gewundert haben mag, warum ich ein („sic!) hinter das Wort „Vollverstärker“ gestellt habe, sollte nun besonders gut aufpassen: Der ASR Emitter ist nämlich keiner. Jedenfalls nicht im herkömmlichen Sinne mit einer Vorverstärker-Sektion und einer leistungsverstärkenden Sektion. Stattdessen ist der Emitter ein Endverstärker mit Lautstärkeregler und Eingangswahlschalter. Die These von ASR ist ebenso einfach wie schlüssig: Die klassische Vorverstärkerstufe brauche man nicht, da heutige Quellgeräte kräftig und laut genug seien, eine Endstufe direkt anzutreiben, so dass nur noch ein Pegelabsenker benötigt wird, und eben keine aktive Vorverstärkungsstufe mehr. So ist im Emitter nun ein Relaisstufenschalter mit 12 Relais, die Widerstände nach Masse schalten, im Verbund mit einer Verstärkungsanpassung über vier weitere Relais für die Lautstärkeeinstellung verantwortlich – laut ASR die klanglich beste Lösung für den Job. Bis zu einer Pegeleinstellung von 50 werde das eingehende Signal reduziert, bei 51 durchgelassen, und ab 52 ganz einfach die Verstärkung erhöht. Wobei eine solche Pegelstellung an normal effektiven Lautsprechern irgendwie einer Mutprobe gleichkäme – dann wird es nämlich richtig laut … Auch lasse sich eine Eingangswahl überall im Gerät platzieren und müsse nicht wie anno dunnemals üblich direkt am Eingangswahlschalter sitzen. Daher baut ASR ein einzelnes Relais direkt an jeden Eingang – das eliminiere die Gefahr von Signaleinstreuungen innerhalb des Verstärkers.

Die Anschlüsse auf der Rückseite des ASR Emitter I (Bild: ASR)

Ein zusätzliches Schmankerl für Freunde von Power und noch mehr Power ist, dass ein Emitter allein durch den Einsatz des optional erhältlichen Bypass-Eingangs zur wirklich reinen Endstufe umfunktioniert werden kann – und brücken lässt sich ein ASR Emitter auch. Im Bridge-Modus entwickelt er laut ASR dann fast die vierfache Leistung – beim Emitter I also fast 1.000 Watt an 4 Ohm, der ASR Emitter II kratzt dann sogar an der Zwei-Kilowatt-Marke! Man hört Eingeweihte von einer (je nach Standpunkt absolut übergenialen oder total irren) Anlage in Thailand munkeln, bei der sage und schreibe fünf (!!!) gebrückte ASR Emitter II in einer Aktiv-Konfiguration Flächenstrahler von Wisdom Audio befeuern …

Um die Energiebilanz des ASR Emitter I zu verbessern, wurde ihm eine Energiesparschaltung spendiert, die bis zu einem gewissen Pegel und damit einer bestimmten Leistungsabruf-Schwelle nur den benötigten Teil des ja sowieso komplett überdimensionierten Netzteils aktiviert. Erst ab einer individuell einstellbaren Lautstärke schalten die beiden Haupttransformatoren separat und nacheinander mit sechs Relais in den Volllastmodus, der im Sichtfenster durch zwei blaue Leichtdioden angezeigt wird.

Legenden zu testen birgt immer auch eine potenzielle Gefahr: Was, wenn das fragliche Gerät den implizierten Erwartungen nicht gerecht werden kann, wenn es seinem Ruf keinen Donnerhall folgen lässt? Zum Glück signalisiert der ASR Emitter I nicht nur schon mit den ersten Takten vom Album Bottenviken (auf Amazon anhören) der schwedischen Singer-Songwriterin Lisa Miskovsky klare Entwarnung, sondern lässt mich aufhorchen: Wann habe ich eigentlich zum letzten Mal auf Anhieb gedacht „Hey, hier passt doch eigentlich so gut wie alles!“?

Ein Hinhörer ist auf jeden Fall der unvergleichliche Bass des ASR Emitter I. Ich kenne weder eine getrennte Verstärker-Kombination noch einen Vollverstärker unter 10.000 Euro, der mit einem so substanziellen, massiven, urgewaltigen und gleichzeitig federnd-beweglichen, kontrollierten Tiefton aufwarten kann. Ich weiß, dass es unmöglich ist, doch meine Qln Prestige Three scheinen plötzlich einen 30-Zentimeter-Basstreiber im Aktivbetrieb hinzugewonnen zu haben – so perfekt eingebunden, dass weder Bläh- noch Dröhneffekte in meinem diesbezüglich recht kritischen Hörraum auftreten. Nicolas Jaars „Colomb“ flutet meinen Hörraum mit einem satten Bassteppich, aber er überflutet, erstickt ihn nicht mit Druck – und die Definition der elektrisch erzeugten tiefen Töne ist trotz aller Fülle exzeptionell gut, ebenso wie es die Ausdehnung bis in den untersten Tiefstton und dessen Stabilität sind. Auch bleibt die Balance des Fretless-Bass von Jaco Pastorius so natürlich, wie man es von einem elektrisch verstärkten Instrument eben behaupten kann. Bei aller durchaus vorhandenen Schnelligkeit ordnet sich der Charakter der Impulse im Bass auf der eher geschmeidigen Seite ein – knallig ist nicht das Adjektiv, mit dem ich den Bass des ASR Emitter I beschreiben würde.

An den im positivsten Sinne substanziellen Bass schließt sich ein geradezu überraschend linearer, tonal neutraler und bestens durchhörbarer Grundton an, der den gezupfte Kontrabass in „Gamut Warning“ vom Album Hello Troll des Helge Lien Trios zum Niederknien schön porträtiert. Zusammen mit dem zwar farbstarken, jedoch ebenfalls grundsätzlich neutralen Mittelton klingen Stimmen nicht übermäßig brustbetont, sondern angemessen offen – auch wenn ein Balanced Audio Technologies VK-3000 SE (9.500 Euro) Sänger und Sängerinnen noch etwas präsenter aus der Band herausschält und brillanter strahlen lässt. Dennoch fällt es nicht schwer, Details der Artikulation in Jacinthas „Danny Boy“ zu erhaschen und ihre Kopfbewegungen vor dem Mikrofon nachzuvollziehen. Sibilanten zischeln mit dem ASR Emitter I etwas milder als mit meiner im Mitten- und Präsenzbereich etwas spritzigeren Norma-Linnenberg-Kombi (zusammen knapp über 10.000 Euro). Und der Naim Supernait 3 (4.300 Euro) wirkt hier gar einen Tacken härter, ungnädiger. Allerdings mitnichten detailreicher: Der ASR Emitter I schafft nämlich ein Kunststück, indem er seine im ersten Hörmoment etwas kontemplativ anmutende Mitten- und Präsenzregion mit einer durchaus erleuchtenden Detailvielfalt garniert. Objektiv betrachtet, serviert der Herborner in jedem Frequenzbereich mehr Details als der Naim Supernait 3 und wird quantitativ diesbezüglich erst von der Norma-/Linnenberg-Kombination gestellt. Die hörbar hohe Verzerrungsfreiheit des ASR Emitter I hat daran beträchtlichen Anteil – die daraus resultierende Sauberkeit macht es zum Kinderspiel, auch den flotten Raps von A Tribe Called Quest auf „We’ve Got It From Here… Thank You 4 Your Service“ ganz easy zu folgen, die Sprachverständlichkeit ist sehr gut.

Die erwähnte Sauberkeit findet man in besonderem Maße auch im fantastisch seidigen Hochton des ASR Emitter I vor. Auch hier mag ich nicht von „funkeln“ oder „glänzen“ sprechen. An den potenziell gnadenlosen Scan-Speak-Tweeter der Qln Prestige Three fällt mir die Abwesenheit von klanglichen Härten sofort auf. Dabei extrahiert der ASR Emitter I jede noch so kleine Mikroinformation aus dem angelieferten Musikmaterial – in diesem Fall der Blech-Percussion auf besagtem Helge-Lien-Trio-Album. Er serviert sie aber so unauffällig und beiläufig, unangestrengt , seidig fein granuliert und natürlich, dass man sich nach ein paar Minuten „Gehörjustage“ schon fragen kann, warum es mit so manch anderem Amp eigentlich obenrum so klingeln muss … Ein gänzlich audiophilieunverdächtiges Album ist Blood On Ice von Bathory (auf Amazon anhören), doch wenn im Track „Man of Iron“ der gerüstete Krieger durch den harschen Schnee stapft, kann man über den ASR Emitter I quasi die Kompression jedes einzelnen Schneekristalls nachvollziehen. Ähnlich feindynamisch differenziert und feinstofflich texturiert kenne ich nur die größeren Geschosse von Norma Audio, zum Beispiel den Norma Audio Revo IPA-140 beziehungsweise die Endstufen Revo PA-150 und Revo PA-160 MR.

Das für den Akkubetrieb vorbereitete Modell Emitter I Exclusive (9.300 Euro, Bild: ASR)

Eine Antwort auf die Frage, warum man etwas anderes überhaupt haben wollte, liefern – zumindest für einige Hörgeschmäcker – hart angeschlagene Akustikgitarrensaiten oder impulsstarke, transientenreiche Percussion-Kost wie Kunikos „Pleiades: II. Metaux (Metals)“ oder „Pleiades: IV. Peaux (Skins)“ (Album: Xenakis – IX), die mit meiner Linnenberg-Endstufe oder auch dem Naim Supernait 3 etwas prägnanter aus den Chassis knallen. Doch Obacht: Mit Hilfe von Dipschaltern im Innern des Geräts kann der Besitzer die Klangsignatur gerade in diesem Bereich noch in Maßen beeinflussen, indem er die Hochfrequenzkompensation der Ausgangsstufe variiert – mit einer niedrigeren Kompensation geht‘s noch etwas brillanter und mehr „nach vorne“. Zudem erlaubt dieses meines Wissens einzigartige Feature auch eine optimierende Anpassung an die Impedanz- und Kapazitätswerte der verwendeten Lautsprecher beziehungsweise Kabel.

Nun ja, wie genau man das gerne hätte, ist absolut eine Frage des Hörertypus – denn schon in der Mittelstellung der Hochfrequenzkompensation klingen die Marimbaphone und Vibraphone auf „Kuniko Plays Reich“ so bezaubernd geschmeidig-perlend, farbstark und authentisch, dass ich mich stundenlang in den scheinbar wandernden, hypnotischen Sounds verlieren könnte.

Apropos wandern: Platz dazu hätten die Instrumente auf der weitläufigen virtuellen Bühne des ASR Emitter I mehr als genug. Die horizontale Ausdehnung erstreckt sich bemerkenswert deutlich auch links und rechts der Lautsprecher. Letztere lösen sich gefühlt noch ein wenig mehr in Luft auf, als ich das mit der Linnenberg Liszt gewöhnt bin. Das sehr raumfüllende Geschehen spielt sich ziemlich genau 12,7 Zentimeter hinter der Lautsprecherbasis ab. Okay, so genau kann ich es natürlich nicht festmachen. Vielmehr will ich damit aussagen, dass Instrumente, die der ASR Emitter I auf ihre Position platziert, dort auch felsenfest stehenbleiben und ihre Abbildungsgröße behalten – egal, was gerade sonst so passiert und wie viel Energie der Amp zum Beispiel für infernalische Bassgewitter aufwenden muss. So viel räumliche Stabilität unter allen Bedingungen ist bemerkenswert. So kenne ich das bisher nur von (End-) Verstärkern vom Schlage der doppelt so teuren Norma-Audio-Revo-PA-160MR-Monos (14.000 Euro) im Verbund mit der nochmals 5.400 Euro hinzuaddierenden Norma Audio Revo SC-2-Vorstufe. Wenn ein Orchester-Mitglied seiner Arbeit in der Tiefe des Konzertsaals nachgeht, dann platziert der ASR Emitter I es auch dort hin – hier schlägt er sich fast noch besser als meine Norma-Linnenberg-Kombi und übertrifft auch den BAT VK-3000SE. Den deutlich aggressiver nach vorne spielenden Naim Supernait 3 brauche ich in diesem Kontext gar nicht zu erwähnen. Höchstens um zu sagen, dass die auf den Hörer zielende Frontalattacke vor die Lautsprecherebene dem gelassenen und souverän spielenden ASR Emitter I nicht so sehr am Herzen liegt wie dem heißblütigeren Engländer. Die raumfüllende Weite der Abbildung geht dabei ein klitzekleines (wirklich klitzeklein) Bisschen zu Lasten der Kantenschärfe von Stimmen und Instrumenten (zum Beispiel im Vergleich zum Norma Audio Revo IPA-140), doch das ist eine Marginalie, die ohne direkten Vergleich wohl keine Rolle spielt – klassisches Korinthenkacken eben.

Test: ASR Emitter I Basic | Vollverstärker

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ASR Emitter I Basic mit WBT-210cu-Buchsen | Vollverstärker/regelbare Endstufe

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