Einschaltstrom-Begrenzer auf Basis von NTC- und PTC-Thermistoren

2022-11-03 15:53:20 By : Ms. Emma Jia

Leistungsstarke Lasten sind beim Einschalten für Sicherungen und Bauelemente ein großer Stressfaktor, da hierbei sehr hohe Ströme fließen. Um diese zu vermeiden, bietet TDK Electronics keramische Einschaltstrom-Begrenzer auf der Basis von NTC- und PTC-Thermistoren, die sich auch kombinieren lassen.

Bild 1: Stromverlauf an einem Gleichrichter ohne Einschaltstrombegrenzung (rot) und mit Einschaltstrombegrenzung (grün) (Bild: TDK Electronics)

Beim Einschalten leistungsstarker Verbraucher wie zum Beispiel Stromversorgungen, Frequenzumrichter oder Onboard-Charger treten kurzfristig Ströme auf, die ein Vielfaches des Nennstroms betragen können. Dabei kann es zu unerwünschten Effekten wie dem Auslösen von Sicherungen oder sogar zur Schädigung des Systems kommen. Insbesondere zwei Arten von Lasten sind für hohe Einschaltströme verantwortlich: Zum einen sind das induktive Lasten wie Motoren und Transformatoren, die zum Aufbau der Magnetfelder sehr große Ströme benötigen. Die andere Gruppe sind hochkapazitive Kondensatoren in Gleichspannungs-Zwischenkreisen, die im Einschaltmoment sehr hohe Ladeströme verursachen, was für die Kondensatoren selbst wie auch die Gleichrichter einen erheblichen Stressfaktor darstellt. Bild 1 zeigt den Stromverlauf ohne und mit Einschaltstrom-Begrenzer.

Einschalt-Begrenzer auf Basis von PTC- und NTC-Thermistoren begrenzen die leistungsstarken Lasten, die beim Start von elektronischen Geräten entstehen. Der Artikel beschreibt Kriterien, Spezifikationen und Anwendungsgebiete für PTC- und NTC-Thermistoren.

Am einfachsten lassen sich Einschaltströme mit niederohmigen Leistungs­widerständen begrenzen. Dies hat jedoch den Nachteil, dass im Normalbetrieb an diesen Widerständen eine nicht zu vernachlässigende Verlustleistung entsteht. Wesentlich besser ist die Verwendung von Thermistoren in ihrer Funktion als Einschaltstrom-Begrenzer. Dabei kommen NTC- oder PTC-Thermistoren zum Einsatz, die unterschiedliche thermische Charakteristiken und damit Einsatzmöglichkeiten aufweisen. Um alle Vorteile dieser Bauelemente nutzen zu können, bietet es sich an, sie kombiniert einzusetzen.

Bild 1: Stromverlauf an einem Gleichrichter ohne Einschaltstrombegrenzung (rot) und mit Einschaltstrombegrenzung (grün) TDK Electronics

Eine elegante Lösung zur Begrenzung hoher netzseitiger Einschaltströme ist die Verwendung von NTC-Thermistoren. Zum Funktionsprinzip: Diese keramischen Bauelemente, auch Heißleiter genannt, sind temperaturabhängige Widerstände, deren Widerstandswert mit steigender Temperatur fällt. Sie weisen bei Raumtemperatur einen bestimmten Widerstandswert (R25) auf, der den Einschaltstrom begrenzt. Durch den weiteren Stromfluss erwärmt sich das Bauelement und der Widerstand fällt auf sehr geringe Werte, die typabhängig deutlich unter einem Ohm liegen. Entsprechend gering sind dabei auch die Verluste bei Nennstrom. Bild 2 zeigt typische Widerstandsverläufe von verschiedenen NTC-Einschaltstrom-Begrenzern über die Temperatur.

In unserer Themenreihe Hidden Champions der Elektronik widmen wir uns den Komponenten, die selten im Rampenlicht stehen. Denn die Stars einer Platine können  ohne die Hidden Champions an der Peripherie nicht funktionieren. Passive Bauelemente, Kühlkörper, Kabel, Stecker, einfachere Logik-ICs etc. werden immer wieder gern übersehen oder gelten als „langweilig“, sind aber essenziell wichtig. Genau um solche Hidden Champions geht es hier.

Bild 2: Typische Kennlinien der NTC-Einschaltstrom-Begrenzer von TDK Electronics TDK Electronics

Die beiden wichtigsten Kriterien zur Bestimmung des geeigneten NTC-Thermistors sind der Anfangswiderstand (R25) sowie der maximale Strom. Zuerst wird der erforderliche Anfangswiderstand bestimmt. Er muss mindestens so groß sein, dass er durch die Schaltung in Serie mit der Last den Strom auf einen Wert begrenzt, der noch nicht zum Auslösen der Sicherung führt, beziehungsweise keine Schädigung von lastinternen Bauelementen wie Gleichrichtern erfolgt.

Das zweite Kriterium ist der maximale Strom, der durch die Leistung der Last bestimmt ist. Wichtig ist hierbei auch das Derating des NTC-Thermistors. Ein typisches Beispiel hierfür zeigt Bild 4.

Bild 3: NTC-Einschaltstrom-Begrenzer mit einem Anfangswiderstand R25 von 10 Ω TDK Electronics

Beim Einsatz der Einschaltstrom-Begrenzer ist zu beachten, dass sie abhängig vom Typ eine Abkühlzeit von 90 s aufweisen. In einigen Anwendungen kommt es aber vor, dass das System die Lasten in kurzen Intervallen ein- und ausschalten muss, was problematisch sein kann, da ein erwärmter NTC-Thermistor sehr niederohmig ist und somit fast keine Strombegrenzung bietet. Abhilfe schafft hier eine Überbrückung des NTC-Thermistors durch ein Relais oder einen Thyristor. Sie kann bereits wenige Sekunden nach dem Einschalten erfolgen, da die meisten Lasten dann bereits mit dem Nennstrom versorgt sind. Durch das Überbrücken erfolgt keine Erwärmung des NTC-Thermistors. Bild 5 zeigt eine zeitgesteuerte Überbrückungsschaltung für Einschaltstrom-Begrenzer.

Bild 4: Typische Derating-Kennlinie von NTC-Einschaltstrom-Begrenzern TDK Electronics

Die Ansprechzeit der Überbrückungsschaltung lässt sich durch die Zeitkonstante aus R1 und C1 sowie dem Wert der Zener-Diode bestimmen. In der Beispielschaltung spricht das Relais nach etwa 3 bis 4 s an – abhängig von den Toleranzen der Bauelemente. Beim verwendeten Relais (24 VDC, 8 AAC) liegt die Haltspannung der Spule bei rund 0,5 UN. Durch den Ladestrom von C2 spricht das Relais an und wird nach Aufladung von C2 mit der halben Nennspannung betrieben, was den Strombedarf halbiert. Besonders bei großen Nennströmen der Last ist der Leistungsbedarf dieser Schaltung geringer als die Verluste, die sich durch den ständigen Stromfluss durch den NTC-Thermistor ergeben.

Wie PTC-Thermistoren für sichere Kondensatorladungen sorgen, erfahren Sie auf der folgenden Seite.

Bild 5: Zeitgesteuerte Überbrückungsschaltung für Einschaltstrom-Begrenzer TDK Electronics

Hochkapazitive Kondensatoren und Kondensatorbänke in Gleichstrom-Zwischenkreisen stellen im Einschaltmoment einen Kurzschluss dar. Um hier eine sichere Strombegrenzung zu erzielen, sollten Systementwickler PTC-Thermistoren statt Festwiderständen verbauen. Durch hohen Stromfluss erwärmen sich diese Bauelemente und werden – im Gegensatz zu NTC-Thermistoren – hochohmig und somit eigensicher. Dieses Verhalten begrenzt den Strom bei einem Kurzschluss im Zwischenkreis auf unbedenkliche Werte, was Festwiderstände nicht bewerkstelligen können, da sie den Strom nicht reduzieren. Bild 6 zeigt den Gleichstrom-Zwischenkreis eines Dreiphasensystems mit PTC-Thermistor, der zum Beispiel in Frequenzumrichtern zum Einsatz kommt.

TDK bietet für Zwischenkreise eine Reihe spezieller PTC-Thermistoren, die für Spannungen von 260 bis 560 VDC ausgelegt sind, Widerstände von 22 bis 1100 Ω bei 25 °C bieten und typenabhängig über Zulassungen nach UL, IECQ und VDE verfügen sowie nach AEC-Q200 qualifiziert sind.

Bild 6: Gleichstrom-Zwischenkreis mit Ladestrombegrenzung durch PTC-Thermistor TDK Electronics

Besonders bei größeren Kondensatorbänken gilt es, die maximale Wärmekapazität und maximal zulässige Temperatur der PTC-Thermistoren nicht zu überschreiten. Durch Parallelschaltung lassen sich die erforderlichen Wärmekapazitäten erzielen. Berechnet wird die erforderliche Mindestanzahl der Bauelemente wie folgt:

n             Anzahl der benötigten PTC-Elemente

k             Faktor abhängig von der Spannungsversorgung (k = 1 bei DC; k = 0,96 bei Dreiphasengleichrichtung; k = 0,76 bei Einphasengleichrichtung)

C            Kapazität des Zwischenkreiskondensators in F

V            Maximale Ladespannung des Kondensators in V

Cth          Wärmekapazität des PTC-Thermistors

TRef        Referenztemperatur der verwendeten PTC-Thermistoren

TAmax      Maximale Umgebungstemperatur

Im Normalbetrieb überbrücken mehrere dieser Einschaltstrom-Begrenzer den PTC-Thermistor beziehungsweise die Parallelschaltung nach der Ladung der Zwischenkreiskondensatoren, um keine Leistungsverluste zu erzeugen. Diese Überbrückung darf allerdings nicht erfolgen, wenn im Zwischenkreis ein Kurzschluss vorliegt etwa durch beschädigte Kondensatoren. Der aussagekräftige Parameter für eine Überbrückungsschaltung ist somit die Zwischenkreisspannung. Erreicht sie nach der Ladung den Sollwert, liegt kein Fehler vor; bleibt sie dagegen über längere Zeit bei einem sehr niedrigen Wert, liegt ein Kurzschluss vor. Somit lässt sich mit wenig Aufwand eine Komparatorschaltung realisieren, die den PTC-Thermistor erst nach der Ladung des Zwischenkreises überbrückt (Bild 7).

Bild 7: Spannungsgesteuerte Überbrückungsschaltung für PTC-Thermistoren TDK Electronics

Zur Funktion: Die Zener-Diode ZPD3,9 steuert den invertierenden Eingang des Komparators an. Solange am nichtinvertierenden Eingang eine Spannung kleiner 3,9 V anliegt, stellt sich am Ausgang eine Spannung von nahe 0 V ein und T1 sperrt. Erst wenn über den Spannungsteiler R1/R2 an R2 eine Spannung von mehr als 3,9 V anliegt, kippt der Komparator am Ausgang auf positives Potential und T1 schaltet das Relais, wodurch der PTC-Thermistor überbrückt wird. Der Spannungsteiler R1/R2 sollte so bemessen sein, dass bei etwa 80 Prozent der Nenn-Zwischenkreisspannung das Relais schaltet. Da Zwischenkreisspannungen mehrere hundert Volt betragen können, müssen Entwickler für R1 und R2 hochohmige Typen einsetzen. Ein Beispiel: Bei einer Nennzwischenkreisspannung von 500 VDC wird der Wert von 80 Prozent bei 400 VDC erreicht. Hier liegen die Werte für R1 bei 990 kΩ und für R2 bei 10 kΩ. Der Varistor und die Zener-Diode ZPD12 dienen zum Schutz des nichtinvertierenden Eingangs des Komparators vor Überspannungen.

Fast jedes Schaltnetzteil produziert beim Einschalten kurzzeitig hohen Anlaufstrom. Je nach Ausgangsleistung der Stromversorgung erreicht er bei 230 VAC Betriebsspannung schnell 70 A. Starten mehrere Schaltnetzteile gleichzeitig, lösen die Leitungsschutzschalter aus. Die Erfahrung machen aktuell viele Ingenieure beim Installieren von LED-Beleuchtung. Wie sich das kostengünstig meistern lässt, zeigt M+R Multitronik. Mehr zum Thema erfahren Sie hier.

Gerade bei leistungsstarken Lasten, die über große Zwischenkreiskapazitäten verfügen wie etwa Industrie-Stromversorgungen und Umrichter, bietet es sich an, die Vorteile und Funktionen von NTC- und PTC-Einschaltstrom-Begrenzern zu kombinieren.

Bild 8: Spannungsgesteuerte Kombination aus NTC- und PTC-Einschaltstrom-Begrenzern TDK Electronics

So ist es sinnvoll, die beschriebene spannungsgesteuerte Einschaltverzögerung auch zur Überbrückung des netzeingangsseitigen NTC-Thermistors zu verwenden. Dazu ist in der Schaltung nach Bild 7 ein Relais mit zwei Umschaltkontakten erforderlich. Bild 8 zeigt nun die komplette Schaltung, bei der NTC- und PTC-Thermistoren gleichzeitig geschaltet werden. Außerdem ist eine LED integriert, die anzeigt, dass die Überbrückung noch nicht erfolgt ist.

Die Vorteile solcher kombinierten Einschaltstrombegrenzungen sind Schonung von Bauelementen, die Vermeidung von unbeabsichtigtem Auslösen von netzseitigen oder geräteinternen Sicherungen sowie eine sichere Strombegrenzung bei Kurzschlüssen im Zwischenkreis.

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